Das ProjektMagazin stellt in seiner aktuellen Blogparade die Frage, wie Projektleiter im Jahr 2030 arbeiten werden. Ob es sie überhaupt noch gibt und was ihre Rolle in einem sich ständig verändernden Umfeld sein kann, in dem Maschinen und künstliche Intelligenz bestehende Berufsbilder ersetzen. Darauf möchte ich mit einem Zitat antworten: „Jegliches wechselt, doch nichts geht unter“ (Ovid, 43 v. Chr. – 17 n. Chr., römischer Dichter)
Mit welchem Umfeld können wir 2030 rechnen?
Die Veränderungen gehen weiter
Die Veränderungen, die mit der Verbreitung des Internets begonnen haben, halten an. Mit unterschiedlichen Werkzeugen, wie Smartphones und Tablets, haben wir in den letzten 10 – 15 Jahren gelernt, on Demand auf Wissen und Daten zuzugreifen und in sozialen Netzwerken zu agieren. Wir nutzen Vergleichsmöglichkeiten, um uns rasch zu informieren und billig einzukaufen (z.B. den günstigsten Flug für unsere Urlaubsreise). Dafür stellen wir persönliche Daten über unsere Vorlieben und Interessen freiwillig zur Verfügung und übernehmen Aufgaben, die bisher angestellte Mitarbeiter eines Unternehmens für uns erledigten (z.B. Reisebüro, Check-In-Schalter am Flughafen). Start-Ups verändern nicht nur das Produkt- und Dienstleistungsangebot bestehender Branchen, sondern sogar deren Geschäftsmodelle.
Wir können annehmen, dass sich diese und ähnliche Entwicklungen fortsetzen. Neue technische Hilfsmittel, neue Betriebssysteme, weitere Automatisierungsmöglichkeiten, mehr Individualisierung in der Konfiguration der von uns gewünschten Konsumgüter, zunehmende Vernetzung von Geräten. Nicht zuletzt Bedarf nach Dienstleistungen, die uns dabei unterstützen, in einer immer komplizierter werdenden Welt unseren Alltag zu bewältigen.
Die Veränderungen werden nicht langsamer, eher noch schneller
Weder technologische Entwicklungen oder die Entdeckung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, noch ob und wann sie Marktreife erreichen, können wir verlässlich prognostizieren. Fortschritte allerdings, die zum Beispiel in den letzten Jahren im Bereich der künstlichen Intelligenz gemacht wurden, stützen die Annahme, dass wir in den nächsten Jahren noch mehr einschneidende Veränderungen erleben werden als bisher.
Ressourcenknappheit, Energiebedarf, Klimawandel, eine Menge globaler Faktoren stellen uns vor weitere Herausforderungen, die uns in spürbarem Ausmaß beeinflussen. Es ist daher eher mit einer Beschleunigung als mit einer Verlangsamung von Veränderungen in unserem täglichen Leben zu rechnen.
Das berufliche Umfeld ist davon stark betroffen
Viele der eingangs genannten Entwicklungen haben natürlich bereits zu erheblichen Anpassungen in der Arbeitswelt geführt. Agile Methoden verändern die Vorgehensweise. Selbstorganisierte Teams übernehmen Verantwortung. Rollen wie Scrum Master oder Product Owner verteilen die Arbeitslast neu.
Das Arbeitsumfeld wurde noch projektorientierter, während gleichzeitig definierte Projektziele oft nur mehr für einige Monate gelten bis sie wieder angepasst werden müssen. Das Messen von Zielerreichungen macht aufgrund eines zu Projektbeginn festgelegten Scopes und damals angenommenen Kosten daher immer weniger Sinn. Projektleiter verfügen über zu wenig formale Macht, um zwischen Matrixorganisationen, wechselnden Vorständen und volatilem Marktangebot das Unmögliche möglich zu machen.
Auch diese Veränderungen gehen weiter, werden nicht langsamer, eher noch schneller.
Neue Produkte, Dienstleistungen, Bedürfnisse, Technologien, die es notwendig machen rasch zu reagieren und als Unternehmen etwas auszuprobieren, um so seinen Platz im Markt zu finden oder zu behalten. Dabei werden laufend neue Berufsbilder entstehen, neue Zusammenarbeitsformen – noch flexibler, noch weniger im Vorhinein festgelegt. Mit Projekten, bei denen alle beteiligten und verantwortlichen Bereiche als gemeinsames Team agieren. Unter gleichzeitigem Einsatz verschiedener Methoden, als Cross-Over-Best-Practice-Best-Fit-Ansatz, um gemeinsam Erfolg zu haben.
Fundamentalisten mit der einen selig machenden Methodik im Rucksack haben spätestens 2030 ausgedient. Es gilt, verschiedene Welten, Fachbereiche, Marketing, Vertrieb, IT, in gemeinsamer Projektarbeit zu bündeln, ihre Unterschiedlichkeit als Stärke zu begreifen und daraus in übergreifender, oft auch interdisziplinärer Zusammenarbeit das Beste zu machen.
Welche Rolle übernehmen in Zukunft Projektleiter, wenn in einem solchen Umfeld Top-Down-Planung und direktive Führung immer mehr ins Leere laufen?
Rolle des Projektleiters/der Projektleiterin 2030
Sie werden nicht überflüssig. Was sie bisher an persönlichen Fähigkeiten brauchten, benötigen sie auch im Jahr 2030. Manches davon noch mehr als bisher. Ihr Mehrwert wird unbestreitbar sein, wenn sie folgende Aufgabenbereiche abdecken.
Koordination und Kommunikation
Projektleiter müssen in der Lage sein, verschiedene Bereiche, Teams und Personen zielgerichtet zu koordinieren. Nicht von oben nach unten, sondern als Drehscheibe, die Kommunikation und Zusammenarbeit fordert und fördert, oftmals ohne formale Macht.
Ihre Rolle ermöglicht ihnen operative Fragestellungen als Erstes wahrzunehmen; für ihr Projekt, für andere geplante oder laufende Projekte, für das Unternehmen und seine Abläufe; von Unterschieden in der Zielauffassung bis zu Auswirkungen, Problemen, neu aufgetauchten Fakten oder Vermutungen.
Sie kommunizieren und klären, bringen dazu die jeweils kompetenten Ansprechpartner zusammen. Sie glätten Informationsdefizite und beseitigen Missverständnisse. Sie sorgen an der langen Leine dafür, dass Entwicklungen im Unternehmen in die gleiche Richtung laufen oder sich zielgerichtet ergänzen. Sie tragen Entscheidungsbedarf inklusive erarbeiteten Lösungsvorschlägen zu den geeigneten Stellen und kümmern sich darum, was danach damit geschieht und vor allem, dass alle davon erfahren. Sie adressieren Schwierigkeiten zeitgerecht, nicht drohend, sondern unterstützend.
Unternehmenscoach
Das führt direkt zum zweiten Punkt. Spätestens im Jahr 2030 ist eine der Hauptaufgaben von Projektleitern, das Unternehmen dabei zu unterstützen, Projekte bestmöglich umzusetzen. Sie sind Katalysator und Motor für Veränderung, für das Verwenden und Ausprobieren von geeigneten Methoden, personen- und teamspezifisch. Sie erkennen, welche Arbeitsweise in welchem Umfeld für welches Team am ehesten zum Erfolg führen kann.
Sie beraten, überzeugen und helfen, indem sie aus einem umfangreichen Methodenkoffer schöpfen, situativ geeignete Instrumente zur Verfügung stellen, die sie gemeinsam mit den Betroffen gegebenenfalls spezifisch anpassen. Sie coachen Teams und Personen dabei, neue Arbeitsweisen zu lernen und anzuwenden, um so Projekterfolge zu ermöglichen.
Sie unterstützen Vorstände und Abteilungsleiter in der Entscheidungsfindung, mit der Durchführung von Workshops, dem Bewerten von Business Cases oder Risiken, der Aufbereitung von Informationsgrundlagen und vielem mehr, was bereits in der Vergangenheit zu ihrem Handwerkszeug gehörte. Nun vermehrt mit dem Fokus darauf, die Planung und Umsetzung von Projekten in Unternehmen ganzheitlich zu verbessern.
Interessensausgleich / Mediation
Eine ihrer wesentlichen Aufgaben wird sein zwischen selbstorganisierten Teams, den unterschiedlichen Interessen und Voraussetzungen verschiedener Unternehmensbereiche lösungsorientiert zu vermitteln. In Projekten sind Bruchlinien zwischen Organisationseinheiten, kulturelle Unterschiede oder konkurrierende Zielvorgaben für den Erfolg oft ausschlaggebender als die eigentliche Aufgabenstellung.
Unklare Ziele, parallele Multi-Aufgaben, redundante Verantwortungen, unzureichende Kompetenzen, Ressourcenmangel: es gibt viele Gründe, warum nicht alle an einem Strang ziehen, nicht zuletzt ausgeprägte Persönlichkeiten in wichtigen Rollen, die kleine Stellvertreter-Kriege mit großen Auswirkungen für davon betroffene Projekte führen.
Mit solchen Interessenslagen umzugehen, Hindernisse wahrzunehmen und sie aufzulösen, gehört zu den Herausforderungen von Projektleitern, nicht erst im Jahr 2030, oft schon bisher. In Zukunft wahrscheinlich noch mehr, da Kurzfristigkeit im Projektgeschäft, Vielfalt von Zielen und gleichzeitig zu bewältigenden Herausforderungen nicht gerade die Anzahl vorhandener oder potenzieller Konflikte senkt.
Notwendige Fortbildung und Weiterentwicklung für Projektleiter
Je mehr Projektleiter von Menschen verstehen, desto wirksamer können sie handeln. Kenntnisse in Bereichen der Mediation, in Verhaltenswissenschaften, Wissen über Gruppendynamik und Persönlichkeitstypen, über Körpersprache und nonverbale Signale, all dies sind Weiterbildungsthemen, die neben der fachspezifischen Ausrichtung hilfreich sind, um im Jahr 2030, davor und danach, als Projektleiter erfolgreich zu sein.
Lebens- und Projekterfahrung hilft dabei. Die Grundelemente des Projektleiter-Handwerks zu kennen, zu verstehen und zu beherrschen, gehört natürlich weiterhin zur unverzichtbaren Basis. Dazu kommt möglichst vielfältiges Methodenwissen in Theorie und Anwendung. Von der Business-Analyse bis zum Test, über agile Praktiken, Prozessoptimierung, Critical-Chain-Management – das Spektrum möglicher Themen ist groß und wird weiter wachsen. Die Bereitschaft, sich damit aktiv zu beschäftigen, muss vorhanden sein.
Führung wird bedeuten, sein Wissen an andere weiterzugeben, gemeinsam Neues auszuprobieren und anzuwenden. Insofern wird auch die eine oder andere Trainer-Ausbildung nützlich sein. Die Aufgaben bleiben jedenfalls spannend und umfangreich. Eines ist mit Sicherheit klar: Auch 2030 werden wir noch Projektleiter brauchen, aber in anderer Form als heute.
The post Projektleitung: Quo Vadis? – Szenarioannahmen 2030 appeared first on ANECON Blog.
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